Törnbericht SY Tilda Ann vom 02. August bis 23. August 2014
Frank Merkle, Marie Louise Jenschke, Annika und Mathilda Jenschke
Berlin, Seglervereinigung Havel (SVH)
Der diesjährige Sommertörn mit der Tilda Ann sollte auf Wunsch der Crew im Gegensatz zum letzten Jahr eher mehr Badeurlaub als Langstreckensegeln sein. Die Idee war es daher, mit dem Boot zu einem schönen Urlaubsort zu segeln, dort eine Woche zu bleiben, und dann zurück nach Berlin zu fahren. Als Alternative boten sich entweder Hiddensee oder Mön an. Es wurde beschlossen, beide Inseln als Optionen vorzusehen und dann spontan zu entscheiden.
Zur Vorbereitung wurde das Boot bereits Ende Juni nach Stettin gebracht, die Überführung erfolgte einhand an einem Wochenende (Samstag und Sonntag). In Stettin sollte das Boot zum Rigger, um die Wanten und Stage inklusive aller Spanner und Toggles ersetzen zu lassen und einen verstellbaren Achterstagspanner anzubringen. Zusätzlich sollten die Nieten an den Salingsbeschlägen überprüft und ggfs. ersetzt werden. Weiterhin war ein Element des Rollvorstags beschädigt und sollte ausgetauscht werden. Für diese Arbeiten wurde von Hr Marciniak in Stettin ein Angebot eingeholt. Das Boot wurde im Werfthafen für zwei Wochen geparkt. Nach Abschluss der Arbeiten, welcher zur vollsten Zufriedenheit ausgeführt wurden, wurde das Boot zum Akademischen Yachtclub AZS in Stettin verholt, wo es noch einmal vier Wochen auf den Törnbeginn warten musste.
Samstag 02. August 2014
Wir fahren mit dem Zug von Berlin nach Stettin. Das Gepäck und die Vorräte wurden beim Überführungstörn im Juni und am Vorabend mit dem Auto aufs Boot gebracht, so dass nur Handgepäck mitgebracht werden musste. Nach einer Fahrt im überfüllten Regionalexpress kommen wir in Stettin an, der Taxifahrer zum AZS ist dort Mitglied und freut sich, Segler an Bord zu haben.
Da der Mast schon gestellt war und die Segel angeschlagen waren, mussten nur noch die letzten Sachen eingeräumt werden. Das Boot war jedoch über und über mit Spinnenweben und Insektenresten bedeckt, so dass es erst einmal gereinigt werden musste.
Unsere Freunde Ula und Robert vom AZS, mit denen wir uns grob verabredet hatten, kamen erst sehr spät mit ihrem Boot von einem Ausflug zurück, so dass wir uns nur kurz unterhalten konnten. Wir wollen das Treffen am morgigen Sonntag nachholen.
Sonntag 03. August 2014
Wir verabreden, uns mit Ula, Robert und Kindern im Hafen Lubczyna am Dammschen See zu treffen. Dieser Hafen ist für sie ein nettes Wochenendziel. Robert bringt uns Grillgut vorbei, welches wir in unserer Kühlbox verstauen und bis zum Abend kühlen. Wir fahren um 11.00 schon einmal los, da sich das Auslaufen unserer Freunde noch etwas verzögert.
Auf dem Dammschen See passiert das, was man „ein Grundstück kaufen“ nennt: Wir laufen auf Grund, können uns aber nach ca. 10min unter Motor befreien – Abkürzungen nehmen sollte man dort tunlichst nicht…
Der Nachmittag verläuft für die Kinder mit Baden und Eis essen, abends wird der Grill angeworfen. Leider müssen wir nach einiger Zeit unter Deck flüchten (bei Ula und Robert auf ihrer Hanse), da ein heftiges Gewitter mit Starkregen über uns wütet. Vorsichtshalber trenne ich den Funkstecker, man kann ja nie wissen. Nachts fahren die Freunde wieder zurück, da Robert am Morgen arbeiten muss.
Gesamt 8sm, davon gesegelt 7sm
Montag 04.August 2014
Wir legen erst um 12.00 Uhr ab, da die Kinder und Marie erst noch einmal baden wollen, diesmal mit den Schwimmwesten vom Steg aus. Tagesziel ist Swinemünde. Wir können bis zur Einmündung des Dammschen Sees in die Oder segeln, dann kommt der Wind von vorne, und wir motoren. Kurz vor Ziegenort kommt uns Clubkamerad Roland Kruschwitz mit seiner Wibo unter Gennaker entgegen – leider erkennen wir ihn erst, als er querab ist, und können die Kamera erst in Anschlag bringen, als er schon ein Stück entfernt ist.
Wir motoren weiter, aber die zunehmende Welle des Haffs und der Gegenwind machen das Vorankommen mühsam und das Boot stampft sich fest. Wir drehen letztendlich nach Ziegenort ab und legen uns hinter das Hafengebäude in Lee an die Mole. Nach uns laufen weitere Yachten ein. Wir wandern zu einer Badestelle am Haff und essen später am Hafenimbiss. Der Ort ist nicht wirklich empfehlenswert, der Hafen ist jedoch geräumig, im Becken steht allerdings ein gewaltiger Schwell, der die Boote am Steg hinter uns tanzen lässt.
Gesamt 16sm, davon gesegelt 3sm
Dienstag 05. August 2014
Wir legen um 11.00 ab und segeln nach Mönkebude. Aufgrund der vorherrschenden Windrichtung ist ein Kurs von Swinemünde direkt nach Rügen wenig ratsam. Die Alternative, nach Dziwnow zu fahren, verwerfen wir ebenfalls. Die Durchfahrt nach Kamien Pomorski und Dziwnow könnte knapp werden, so dass ich mich dagegen entscheide. Mit Robert hatte ich vorgestern unsere Masthöhe ermittelt – mit 12m inklusive Antenne wird es mit der Durchfahrt knapp. Um 17.30 sind wir in Mönkebude fest. Wir werden von Nachbarliegern und ihren Enkeln freudig in Empfang genommen und auf das unmittelbar bevorstehende, für Kinder organisierte Ereignis, hingewiesen: „Hexe“ Lilli Wünschebaum und ihr Tierzoo sind zu Gast! Nun gibt es kein Halten mehr, für die nächsten zwei Stunden sind die Kinder beschäftigt…
Gesamt 26sm, davon gesegelt 23sm
Mittwoch 06. August 2014
Aufgrund des sommerlichen Badewetters bleiben wir in Mönkebude und gehen baden. Die Kinder wollen aus dem warmen Wasser nicht mehr raus und finden Spielgefährten am Strand und auf dem Spielplatz – die Eltern können lesen und etwas relaxen.
Donnerstag 07. August 2014
Bei schwachem Wind unter Motor bis nach Freest. Leider reichen die 1-2 Bft nicht, um Strecke zu segeln. Das sommerliche Wetter und die schöne Landschaft sind jedoch auch ganz schön. Um 18.30 legen wir im Werfthafen Freest an und gehen im Fischrestaurant essen.
Gesamt 34sm, davon gesegelt 0sm
Freitag, 08. August 2014
Wir wollen nach Lohme. Bei schwachem Wind aus Nord muss die Strecke allerdings überwiegend unter Motor zurückgelegt werden. Für 2 Stunden versuchen wir, um das Nordperd zu kreuzen, müssen uns dann aber geschlagen geben. Bei Ankunft in Lohme ist der Hafen halbleer, nach Aussage von Hafenliegern war das gestern wohl anders. Es sind keine Charteryachten zu sehen, so dass vermutlich der Crewwechsel in den Charterbasen zu leeren Boxen geführt hat – für uns jedenfalls ganz praktisch.
Gesamt 34sm, davon gesegelt 6sm
Samstag 09. August 2014
Für heute sind 5-6 Bft aus S bis SO angesagt. Im Hafen unterhalb der Steilküste weht nicht einmal ein laues Lüftchen. Trotzdem nehmen wir die Genau runter und schlagen die Fock an. Diese Vorsicht wird nach dem Auslaufen belohnt – schnell haben wir außerhalb der Abdeckung den angesagten Wind und legen auch bald das erste Reff ein. Da der Wind von achtern kommt, halsen wir mehrfach – Schmetterling fahren geht bei der Welle nicht wirklich gut. Wir entscheiden uns gegen eine Überfahrt nach Mön, da der Wind noch zunehmen soll mit Böen bis 7 Bft am Nachmittag. Wir segeln entlang der Nordküste Rügens, später mit halbem Wind. Bei der Ansteuerung des Fahrwassers nach Hiddensee müssen wir gar das zweite Reff einlegen, da der Wind nun eher von vorne kommt. Irgendwann haben wir die unterste Segellatte verloren, im Hafen war sie nicht mehr zu finden. Wir fahren gleichauf mit einer anderen Drabant 27 aus Hamburg – leider haben wir sie später nicht mehr getroffen. Um 13.30 sind wir schon in Vitte und finden einen guten Liegeplatz am Kopf des ersten Stegs an einem Dalben, hier wollen wir einige Tage bleiben.
Gesamt 27sm, davon gesegelt 22sm
Sonntag 10. August 2014 bis Donnerstag 14. August 2014
Hafen- und Badetage in Vitte. Wir erkunden die Insel zu Fuß mit Bekannten aus Waren (die Kinder haben sich sogleich mit zwei gleich alten Mädchen angefreundet), laufen nach Kloster, gehen dort im Hafen Fischbrötchen essen, bewundern die Baustelle des neuen Yachthafens (Fertigstellung 2015), besuchen die Inselkirche und die Gräber von Gerhart Hauptmann und Palucca, … Die Kinder gehen zweimal auf Ponys reiten, und wir fahren mit der Kutsche nach Neuendorf. Dort besichtigen wir das sehr nett gemachte Fischereimuseum und erhalten eine kurze Führung von einem ehemaligen Fischer – sehr empfehlenswert! Zurück nach Vitte fahren wir mit dem Inselbus.
Selbstverständlich wird auch ausgiebig gebadet, teilweise gibt es ordentlich Wellen bei auflandigem Wind. Immer wieder gibt es kurze Regenschauer, und nachts z.T. heftige Gewitter. Am 10.08. sagt DWD gar Böen bis 9 Bft voraus. Auf dem Windmesser im Hafen kann ich allerdings nur gute 8 Bft messen…
Freitag 15. August 2014
Das Wetter hat sich etwas beruhigt, und wir müssen so langsam wieder an die Heimreise denken. Wir legen daher um 11.30 ab Vitte ab mit Ziel Stralsund. Bei bestem Segelwind (4-5 Bft aus W, d.h. halbwinds) sind wir um 15.00 in der City Marina Stralsund fest. Auf dem Weg treffen wir mehrere Boote aus Hiddensee wieder, und auch ein holländischer Segler, den wir schon in Kloster gesehen haben, folgt uns.
Bei Segel Boldt kann ich eine neue Segellatte kaufen als Ersatz für die verloren gegangene Latte vor Hiddensee, leider gibt es keine verjüngten Latten, nur Standardware.
Gesamt 17sm, davon gesegelt 15sm
Samstag 16. August 2014
Natürlich kommen wir nicht um einen Besuch des Ozeaneums herum. Da um 11.00 Fütterung der Pinguine ist, müssen wir gleich nach dem Frühstück dorthin. Danach werden in der Stadt neue Schuhe für den Skipper gekauft, und weitere Besorgungen erledigt. Die schöne Altstadt und die Kirchen laden zu Besichtigungen ein.
Abends werden wir vom gegenüberliegenden Pier mit einer Live-Band beschallt, die Meisterin der Luftgitarre gibt ein Solokonzert…
Sonntag 17. August 2014
Wir müssen weiter. Für die kommenden Tage ist Starkwind angesagt, heute gibt es ein Wetterfenster mit mittlerem Wind, den wir für die Überfahrt des Greifswalder Boddens nutzen wollen. Wir legen um 08.00 ab, passieren Stahlbrode um 10.00, und queren unter Fock und einfach gerefftem Groß den Bodden. Der Wind kommt zwischen halbwinds und raumschots, so dass wir gute Geschwindigkeit laufen können, Welle ca. 1m. Die Knackrückenrinne bewältigen wir dann allerdings am Wind teilweise unter Motor, kreuzen ist hier nicht wirklich möglich. Um 14.00 Uhr sind wir bereits in Kröslin fest.
Gesamt 30sm, davon gesegelt 23sm
Montag 18. August 2014
Abfahrt um 06.45, damit wir die Brücke in Wolgast noch bekommen. Leider habe ich mich verkalkuliert – der Gegenwind (5-6 Bft) mit entsprechendem Strom der Peene läßt uns nicht wie erhofft vorwärtskommen, FÜG nur 5 Knoten, das reicht nicht. So kommen wir 10 Minuten zu spät, und die Brücke ist wieder zu. Wir machen daher notgedrungen bei der Schiffswerft Horn in Wolgast fest. Eigentlich wollten wir nur bis zur nächsten Brückenöffnung bleiben. Es sind aber mittlerweile bis zu 9 Bft gegenan angesagt – und das erscheint uns wenig verlockend. Wir beschließen, noch einen Hafentag einzulegen, gehen einkaufen und abends ins Restaurant.
Gesamt 6sm, davon gesegelt 0sm
Dienstag 19. August 2014
Es geht weiter, wir nehmen die Brücke in Wolgast um 07.45. Um 08.30 können wir die Segel setzen und ab Tonne 64 im Peenestrom nach Rankwitz segeln, dort wieder unter Motor gegenan bis zur Brücke Zecherin. Da wir noch 45 min warten müssen, wird kurzerhand geankert. Um 12.00 dann die Brücke passiert, unter Segel weiter und um 14.15 fest in Mönkebude.
Gesamt 27sm, davon gesegelt 20sm
Mittwoch 20. August 2014
Der morgendliche Wetterbericht meldet erneut stärkeren Wind aus SW, bis zu 6 Bft sind angesagt. Das könnte zu einer ungemütlichen Welle vor Ziegenort führen. Wir erkundigen uns bei Kapitän Harder, einer Mönkebuder Berühmtheit (früher Kapitän eines Eisbrechers und Fischer). Er rät uns ab, das Haff zu überqueren, sein Zeesboot bleibt im Hafen. Nun denn, einen Hafentag haben wir noch gut, wir müssen erst am Sonntag in Berlin sein. So besuchen wir das sehenswerte Fischereimuseum in Mönkebude und essen im Restaurant. Die meisten Sommergäste sind schon abgefahren.
Donnerstag 21. August 2014
Heute ist der letzte Segeltag. Bei 3-4 Bft und schönstem Wetter legen wir um 09.30 ab und segeln übers Haff. Kurz nach der Hafenausfahrt Mönkebude wird der Blister klariert, und erstmals laufen wir eine längere Strecke (über 2 Stunden) mit Blister. Das funktioniert ohne Probleme, die nach achtern geführte Halsleine lässt sich gut trimmen, und die Halsen gehen ohne Schwierigkeiten vonstatten. Das müssen wir öfter machen! Aufgrund der vielen Reusen nehmen wir den Blister wieder runter, da wir zwischenzeitlich höher an den Wind müssen. Ab Ziegenort wird wieder motort, da der Wind einschläft. Um 18.00 sind wir fest in Stettin beim AZS, das Mast legen wird für morgen früh um 08.00 verabredet.
Gesamt 42sm, davon gesegelt 30sm
Die Seereise endet im AZS Stettin. Wir beschließen, dass Marie und die Kinder morgen früh nach dem Mast legen mit dem Zug nach Hause fahren, da die Kanalfahrt für die Kinder zu langweilig ist – sie möchten lieber mit ihren Freundinnen spielen. Bis hierhin haben wir 267sm zurückgelegt, davon unter Segel 149sm.
Freitag 22. August 2014
Der Mast wird um 08.00 ohne Schwierigkeiten gelegt, der neue Achterstagspanner bewährt sich, da das Achterstag nun endlich ausreichend entlastet und so das Vorstag ohne Probleme abgeschäkelt werden kann. Die Crew mustert ab und nimmt ein vorbestelltes Taxi zum Bahnhof, so dass ich um 09.30 alleine bin.
Um 10.00 lege ich ab, tanke an der Schiffstankstelle nebenan noch ein paar Liter Diesel, und trete den Heimweg an. An diesem Tag bin ich um 18.30 in der Marina Oderberg, wo ich einen netten Abend mit ehemaligen Regattaseglern der DDR verbringe. Ich erfahre einiges über frühere Zeiten und über die Schwierigkeiten, Boote durch Polen zu bringen. Wie einfach geht es doch heute!
Samstag 23. August 2014
Ablegen um 07.00. Nach kurzer Wartezeit um 08.00 kann das Schiffshebewerk passiert werden. Um 14.00 liegt die Schleuser Lehnitz (20min Wartezeit) hinter mir, und die Schleuse Spandau kann um 18.00 Uhr, ebenfalls nach kurzer Wartezeit, bewältigt werden. Hier ist es nur einem aufmerksamen Schleusenwärter zu verdanken, dass der am Bug überstehende Mast beim Abwärtsschleusen nicht auf dem Beckenrand aufschlägt – leider hatte ich in der letzten Schleuse Schwierigkeiten, das Boot an der Wand zu halten.
Um 19.00 ist das Boot wieder in der Box in der SVH fest.
Fazit
Die diesjährige Reise hat aus technischer Sicht wieder sehr gut funktioniert, es musste lediglich die Decksdurchführung des Windmessers neu abgedichtet werden. Es gab keine Ausfälle und kein Versagen von Equipment.
Das Wetter zwang zu mehreren ungeplanten Aufenthalten. Da der Zeitplan mit Absicht aber eher großzügig kalkuliert wurde, konnte dies ohne Probleme ausgeglichen werden. Die Idee, in diesem Jahr mehr Zeit für Badeurlaub zu haben, ging auf – das Wetter auf Hiddensee lud zum Baden ein, und die Kinder waren glücklich.