von Sebastian Johnke
In der Nacht vom 10. auf den 11. Juni fanden wieder einmal die 60 Seemeilen von Berlin statt. Aus der SVH hatten sich Andreas, Rainer und ich mit unseren Booten gemeldet. Meine Fareast hatte sich bei leichtem Wind bei der letzten Clubwettfahrt mit einer zwei Mann starken Crew als konkurrenzfähiger dargestellt, als mit drei Personen, so dass ich nur Zsuzsanna und mich gemeldet hatte.
Am Vorabend vor der Regatta haben wir noch schnell das Halsen unter Gennaker geübt, um uns am Wettkampftag nicht vollends zu blamieren. Dennoch fallen wir nach wie vor in die Startgruppe Jung und vor allem Unerfahren.
Das Boot segle ich dann Freitag nachmittags direkt nach der Arbeit noch schnell einhand zum PYC, um die Startnummer und das Programm abzuholen. Bei böigem Wind bis 5 Bft sorge ich ohne Außenborder kurz fürs Hafenkino, komme dann aber irgendwie doch aus der Box. Der Stößensee will mich aber vorerst nicht freigeben. Der Wind dreht, wie es ihm gefällt. Bis auf freies Gewässer vergeht eine Ewigkeit. Um 17:00 Uhr ist Start und ich muss noch Zsuzsanna und die Nummer vom PYC abholen. Das wird knapp.
Unterwegs steigt der Windanzeiger hin und wieder auf 20 Knoten, so dass ich rechtzeitig am PYC ankomme. Zsu steigt zu, die Startnummern sind aber gerade mit dem Startschiff auf den Weg zum Startgebiet geschickt worden. Also dort noch einmal vorstellig werden. Am Startschiff wird uns die Nummer dankenswerterweise mit einem Dinghy übergeben. Bei dem Wind und den Böen einen Aufschießer ans Startschiff können wir also vermeiden. Startnummer 302 – wie letztes Jahr. Da hätten wir auch die alte Nummer mitnehmen können. Das Programm wurde uns allerdings nicht übergeben. Also doch noch ein Aufschießer ans Startboot – das Dinghy ist mittlerweile weg. Nach drei Versuchen kann sich Zsu das Programmheft schnappen. Zeit zum Lesen haben wir aber im Grunde keine mehr. Die erste Startgruppe startet.
Wir reihen uns in die zweite Startgruppe ein. Mit dem 4:00 min-Signal starte ich den Timer am Display. Bei knapp 2:00 min fällt die Stromverbindung kurz aus. Timer aus, also nach Gefühl an die Startlinie. Geht auch, nur landen wir direkt weiter hinten.
Die erste Runde bis zur Scharfen Lanke kämpfen wir noch mit den Böen und dem Bootshandling. Wir laufen mit knapp 5,5 Knoten am Wind Rumpfgeschwindigkeit, die längeren Schiffe – also im Grunde alle – ziehen problemlos an uns vorbei. Bis zur ersten Wendemarke in der Scharfen Lanke tape ich noch einen Riss im Gennaker, den ich am Vorabend entdeckt hatte. Gerade rechtzeitig um auf dem Kurs zurück zum Wannsee das Vorwindsegel setzen zu können. Mittlerweile hat der Wind bereits nachgelassen, so dass wir mit dem Gennakerhandling keine größeren Probleme haben. Wir können wieder ein paar Meter auf die Schiffe vor uns gut machen. Wir stoppen 2:40 h für die erste Runde.
Die nachfolgenden Runden gehen nur noch bis Lindwerder. Der Wind hat aber noch deutlicher nachgelassen, so dass wir für die erste kürzere Runde 1:50 h stoppen, für die Zweite dann schon 2:20 h. Mittlerweile ist es natürlich dunkel geworden. Wir hatten einen beeindruckenden Sonnenuntergang mit Seglerkulisse. Leider geht unser Topplicht nicht. Hat möglicherweise etwas mit dem Stromausfall vom Start zu tun. Jedenfalls hängen wir eine Leuchte ins Want um nicht ganz unsichtbar zu sein. Bewusst sehen wir nur noch Andreas‘ Boot zweimal – wir fahren scheinbar relativ konstant eine gute halbe/dreiviertel-Runde hinterher.
Ziemlich genau um Mitternacht gehen wir in die dritte kurze Runde. Zsu legt sich schlafen und ich steuere erst einmal alleine. Auf Höhe des Löwen schläft der Wind ein. Bis Kälberwerder brauchen wir über eine Stunde. Wir treiben mit unserem leichten Boot zwischen einigen größeren Booten umher, runden uns für ein paar Minuten sogar auf eins der Rennboote zurück. Bis Lindwerder sind es noch einmal fast zwei Stunden. Mittlerweile ist es fast 3:00 Uhr. Ich wecke Zsuzsanna um über das weitere Vorgehen zu sprechen. Bis zum Ziel noch dreieinhalb Runden. Bei dem Wind also möglicherweise noch über zwölf Stunden – 15:00 Uhr. Das die Flaute bis zum Mittag anhält ist unwahrscheinlich, dennoch brechen wir bei Lindwerder ab.
Von dort treiben wir noch knapp drei Stunden bis zurück zur SVH, die Zsu tapfer alleine an Deck ausgehalten hat, während ich mich nur kurz schlafen gelegt hatte. Zsu geniesst den Sternenhimmel und das Vogelgezwitscher am frühen Morgen. Kurz vorm Stößensee werde ich auch wieder wach. Wir werden noch mit einem schönen Sonnenaufgang belohnt, Zsu sieht auf dem Weg zur Dusche eine Gruppe Wildschweinnachwuchs am Zaun vorbeistreunern, danach fallen wir in die Koje.
Im Halbschlaf bekommen wir mit, dass Andreas und Rainer einlaufen und wohl bis zum Ende durchgehalten haben. Wir sind gespannt auf die Zeiten.