100 Jahre SVH

hinter uns liegt eine ganz besondere Jubiläumsfeier

Rede zur 100-Jahr-Feier

Liebe Kameradinnen und Kameraden,
liebe Gäste,

wir freuen uns sehr, heute mit Euch ein ganz besonderes Fest feiern zu dürfen:
100 Jahre SVH.
22 Wassersport- und segelbegeisterte Männer in schwarzen Anzügen mit Fliegen oder Krawatten hatten sich am 22. November 1925 zu einer Gründungsversammlung getroffen und die SVH ins Leben gerufen.

In Sinne unserer Gründungsväter heißen wir alle SVHler, die Gäste und die Freunde der SVH herzlich willkommen! Alle Vorstandsvertreter der befreundeten Vereine am Stößensee und die Vize-Präsidentin des Berliner Segler-Verbandes, Frau Annemieke Bayer-de Smit, sowie den Präsidenten des Revier Unterhavel, Albrecht von Witzendorf, heißen wir ebenfalls herzlich willkommen.

Nach wie vor empfinde ich es als bewundernswert, dass unsere Gründungsväter den Mut aufgebracht haben, in einer wahrlich nicht einfachen Zeit einen Segelverein ins Leben zu rufen. Ein eigenes Wassergrundstück war zunächst nicht in Sicht. Ebenso fehlte jegliche Infrastruktur. Es könnte der Eindruck entstehen, unsere Gründungsväter hätten sich damals keine Gedanken darüber gemacht, wie und wo das Unternehmen „Seglerverein“ Realität werden könne. Weit gefehlt! Schon 1926 gab es das erste Vereinsheim auf fremden Grund und eine Steganlage in der Schildhornbucht! Das muss eine unerhörte Anstrengung gewesen sein!

Wenn man sich die Chronik der SVH ansieht, stellt man aus heutiger Sicht schnell fest, das damals etwas fehlte, nämlich die Frauen! Alle Vereinsmitglieder waren ausschließlich männlich, das wäre heute undenkbar und das ist auch gut so. Ebenso auffällig ist, dass es nur Mitglieder mit deutschen Wurzeln gab! Das ist zeitbedingt zwar nachvollziehbar, aber auch das ist heute undenkbar.
Gut, dass Ausgrenzung, elitäres Denken und ethnische Vorurteile heute in unseren Reihen keinen Platz finden!

In den Folgejahren gab es den großen Willen, die SVH zu einem vollständigen Segelverein auszubauen und so wurde am 03. März 1930 der Mietvertrag für unser heutiges Gelände unterzeichnet. Vermieter war das Wasserbauamt Potsdam, im Namen der preußischen Staatsverwaltung. Der jährliche Mietzins betrug 80 Reichsmark und sollte auf ein Postscheckkonto überwiesen werden. Einen kleinen Hinweis zur Zahlung gab es schon damals: „Die Barzahlung ist zu vermeiden!“ Erinnert uns das nicht an etwas? Erkennen wir darin vielleicht eine Parallele zu unseren heutigen Zahlungssystemen ohne Bargeld?

Noch eine Parallele! Gefeiert wurde in der SVH schon damals gerne. Im Sommer fanden Kostümfeste statt und im Winter zum Gründungstag ein Ball in festlicher Garderobe. Bei der Flaggenparade standen alle einheitlich gekleidet unter dem Fahnenmast und salutierten. Dann wurden die Kapitänsmützen geschwungen. Bilder aus der Chronik des Vereins belegen das.
Nach und nach wurde das gemietete Grundstück begradigt und ein Vereinsheim entstand. Die Steganlagen wurden ausgebaut. Gaffelsegelboote lagen voll im Trend, natürlich aus Holz. Wegen der Regattatüchtigkeit dieser Boote hatte die SVH auch damals schon eine große Leidenschaft für Regatten und so wurde fleißig um die Wette gesegelt.
Die schreckliche Kriegsphase zwischen 1941 und 1945 brachte den Vereinsbetrieb der SVH zum Ende hin vollständig zum Erliegen. Das Vereinsgrundstück wird von der Besatzungsmacht im Mai 1945 übernommen. Die vorgefundenen Anlagen blieben zum Glück unversehrt. Die Arbeit der Gründungsväter konnte also erhalten werden.

Am 11. August 1947 konnte das Vereinsgelände wieder in Besitz genommen werden und der Vereinsbetrieb kam langsam wieder in Fahrt. Jetzt musste erstmal alles Behördliche, wie z.B. die Eintragung ins Vereinsregister geregelt werden. Nach und nach wurde auch wieder gesegelt.
Das Vereinsgelände wurde wieder hergerichtet und die Sanierungsarbeiten am Vereinsheim hielten auch damals schon die Mitglieder auf Trapp. Erkennen wir vielleicht hieran auch wieder eine Gemeinsamkeit mit unserer Gegenwart?

1959 wurde in Eigenleistung eine Steganlage installiert! Natürlich war diese aus Holz und zum Arbeiten gab ein Holzplattformboot mit einem galgenähnlichen Aufbau, um die Holzpfähle in den Grund des Stößensees zu rammen. Auch ein Mastenkran entstand.

1970 vernichtete ein Feuer die Segelkammern und das Mastenlager. Viele dort gelagerte Holzmasten verbrannten. Trotz dieses Rückschlags wurde in diesem Jahr begonnen, die Steganlage zu erneuern, jetzt aber aus Stahl. Innerhalb eines Jahres wurde der Bau der Steganlage Dank der tatkräftigen Unterstützung der Kameraden abgeschlossen.

Dieter Voss, der in diesem Jahr verstorben ist, Rainer Kiewning, Dieter Wulf, Olaf Bohnsack, Gerd Bludau und weitere Kameraden haben 1975 in Handarbeit die große Messe ausgebaut. Das große Steuerrad unter der Decke zeugt noch heute von den Arbeiten dieser Zeit! Liebe Kameraden, vielen Dank für Eure nachhaltige gute Arbeit!

1975 wurde das 50-jährige Bestehen der SVH gefeiert, mit Bootstaufen und einem zünftigen Seglerball. Damals gehörten schon weit über 100 Mitglieder der SVH an. Heute sind wir 155 Mitglieder mit einem Durchschnittsalter von 51,8 Jahren. An der Entwicklung der SVH ist gut erkennbar, dass wir den Zeitgeist von damals bis heute fortführen und der Verein stetig wächst und zukunftssicher ist.

1997 bekommt die SVH als erster Verein die blaue Umweltflagge verliehen. Dieter Wulf hat diese vom Bundestagsabgeordneten Behrens und vom Präsidenten des deutschen Seglerrates Engelmann für die SVH entgegengenommen. Der Grund dafür war die hervorragende Leistung beim Umweltschutz auf dem Gelände. Besonders die Entwässerung der Waschplatte in die angelegte Grube wurde gelobt, weil nun kein Schmutzwasser mehr in den Stößensee gelangte. Auch hierfür nochmals ein großes Dankeschön an alle Unterstützer.

Zum 75.-jährigen Jubiläum wurde die Absegelfeier im Jahr 2000 ausgerichtet, an der über 1500 Segelbegeisterte teilnahmen. Nachzulesen ist, dass stolze 1100 Liter Bier ausgeschenkt wurden. Die offizielle Absegelfeier zum 100-jährigen Bestehen unserer SVH wurde leider durch die Mitgliedschaft abgelehnt. Das empfinde ich persönlich als sehr schade.
Dass die SVH immer schon zu großen Taten fähig war, zeigte sich 2005 unter dem damaligen Vorstand Wolfgang Müller, Hans Fischer, Werner Borowski, Dieter Voss, Dieter Frahn und Rainer Glas. Mit viel Engagement wurde der Kaufvertrag für unser Gelände geschlossen. Was für eine großartige Leistung, auch hierfür ein großes Dankeschön!

Die Herausforderungen unserer heutigen Zeit gab es 2008 auch schon. Der damalige 1. Vorsitzende, Norbert Juhr, stellte fest, dass die SVH zur Überalterung der Mitglieder neigte. 42% der Mitglieder waren über 60 Jahre alt. Es wurde beschlossen, sich um den Ausbau der Jugendabteilung zu bemühen, um den Verein zu verjüngen.

Geselligkeit, die Freude am Feiern und die Leidenschaft für das Segeln prägen die SVH von je her. Dennoch muss die SVH auch immer wieder mit Rückschlägen klarkommen, wie z.B. mit dem Hochwasser im Jahr 2011. Das Wasser stand seinerzeit bis zur Eingangstür der großen Messe und die Stege waren unterhalb der Wasseroberfläche.

Schwierig war es in der Historie der SVH auch, Freiwillige für die Mitarbeit im Vorstand zu finden. Ein Ehrenamt zu übernehmen, Verantwortung zu tragen, sich den Herausforderungen zu stellen und damit etwas Positives für die Gemeinschaft zu tun, das ist es, was unsere Gesellschaft braucht. Ohne das Ehrenamt würde unsere Gesellschaft den Halt und die Menschlichkeit verlieren. Ein großes Dankeschön an alle, die sich dabei eingebracht haben.

2016 wurde nach 2 Jahren Vereinszugehörigkeit Rüdiger Kebe als 1. Vorsitzender gewählt. Zusammen mit Bert Pfeffer, Frank Merkle, Berndt Schwerdtfeger, Josef Vilser und Mike Arnold steuerte das Team die SVH sehr erfolgreich.

Als am 07. Januar 2020 die Covid-Pandemie ausgerufen wurde, stellte sich für uns die Frage, was dieser Virus für unsere Gesellschaft bedeutet und in der Folge, was aus unserem Vereinsleben wird? Viele Auflagen mussten vom Vorstand berücksichtigt werden und neue Wege der Kommunikation wurden etabliert. Die Sitzungen fanden online statt und Versammlungen auf dem freien Gelände. Ihr erinnert Euch sicher genau an diese einschneidenden Jahre. Positiv ist aber, dass die Gemeinschaft der SVH auch diese Zeit gut überlebt hat.

2022 hat Rüdiger Kebe nach 6 Jahren sein Amt als 1. Vorsitzender niedergelegt. Vielen Dank auch Dir, lieber Rüdiger, für Deine gute Arbeit.

Ich habe mir gedacht, was Rüdiger kann, das kann ich auch und so wurde ich ebenfalls nach zwei Jahren Vereinszugehörigkeit als 1. Vorsitzender gewählt. Das alte Vorstandsteam blieb erhalten und seither lenken wir gemeinsam die Geschicke der SVH. Vielen Dank an das gesamte Vorstandsteam, ihr seid klasse und ebenfalls meinen Dank an alle Mitglieder für Euer Vertrauen.

Diese kleine Zeitreise zeigt, dass wir uns als Gemeinschaft und als Gesellschaft immer wieder neuen Herausforderungen stellen müssen, aber sie zeigt ebenfalls, dass es sich lohnt, anzupacken. Nichts ist wertvoller als der Zusammenhalt und die Gemeinschaft.
Aus diesem Grund möchte ich mich bei Euch allen bedanken für Euer Engagement, Eure Hilfe im Verein und dass Ihr bereit seid, mit anzupacken. Ohne Euch gäbe es diesen Verein nicht.
Liebe Jackie, für die großartige Organisation und Deinen stetigen Ehrgeiz, jede Feier zu einem tollen Event zu machen, möchte ich mich ebenfalls herzlich bedanken.

Ich habe auch noch Grußworte auszurichten:

Liebe SVHler,
Ulrike, Daniel und Alfons grüßen Euch alle von Bord der Eilunh aus dem Land der
Mitternachtssonne. Habt ein wunderschönes Fest und feiert das Jubiläum angemessen und fröhlich. So etwas erlebt man im Leben in aller Regel nur einmal. Nehmt diesen schönen Gedenktag zum Anlass für die Festigung der Kameradschaft und zur Stärkung des Zusammenhalts. Wir selbst haben in der SVH viel Hilfsbereitschaft erfahren und wissen, was das wert ist. Wo Menschen sich treffen, gibt es auch mal Zwistigkeiten, die man aber nicht pflegen, sondern überwinden soll. Wir bedauern, dass wir nicht gemeinsam mit Euch feiern können. Aber man kann und sollte im Leben nicht alles haben, sonst wird man überheblich und verliert die nötige Demut. Was wir gerade tun, ist sicher außergewöhnlich. Wir empfinden die Segelreise als ein Geschenk und sind sehr dankbar dafür. Für die Durchführung ist mancher Tip aus dem Kreis der SVH sehr hilfreich.
Eure Eilunh-Crew

Einige weitere Mitglieder, die heute leider nicht teilnehmen können, grüßen ebenfalls aus der Ferne.

Nun wünsche ich uns allen eine schöne 100-Jahr-Feier und hoffe, dass Ihr viel Spaß an diesem einmaligen Ereignis habt.
Wir stoßen gemeinsam an auf die vergangenen und die kommenden 100 Jahr SVH!

Andreas Bockwinkel


Ein Blick von außen

Es war schon ein ganz besonderer Tag, vor 100 Jahren und vor ein paar Tagen, die Gründung der SVH und das entsprechende Fest zum 100jährigen Bestehen.
Ich blicke auf beides ein wenig von außen. Ich bin zwar Mitglied der SVH, lebe aber in Hamburg und segle im Ratzeburger Segler-Verein. Bei Euch in Berlin zu sein, ist also für mich immer noch ein wenig wie ein „Besuch“. Und der hat mir am letzten Samstag sehr viel Freude bereitet.
Es begann schon mit der Einladung, genauer gesagt mit der Ästhetik der Einladung. Zur Feier des Bestehens der SVH wurde eine eigene grafische Gestaltung entwickelt – und die war Programm: Gold und Schwarz, das waren die Farben, in denen sich die „Golden Twenties“ selbst darstellten. Die „wilden“ zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts waren die Zeit des Art Deco, der dekorativen Schlichtheit, der geraden Linien und der Farben Schwarz und Gold. Und diese ästhetische Idee zog sich gestaltend durch den ganzen Tag. Die stilsichere Jackie hatte für das äußere Erscheinungsbild des Vereinsgeländes in eben dieser Optik gesorgt und die Mitglieder folgten dem Motto mit fantasievoller Kleidung der Zeit. Man sah Kniebundhosen zu karierten Strümpfen und Schiebermützen bei den Männern, Stirnbänder, Federschmuck, Charleston-Kleider und Zigarettenspitzen bei den Damen.
Das alles wirkte ein wenig wie eine Filmkulisse im Studio Babelsberg zu „Babylon Berlin“. Beeindruckend! Aber genau so sah es in der Zeit aus, als die Gründungsväter die SVH ins Leben holten. Auf mich wirkte das alles, schon rein äußerlich, wie die Demonstration eines starken Selbstbewusstseins: seht her, das und so sind wir! Und dieser Eindruck bekam seine zweite Begründung durch die 100 Jahre Geschichte, die der Vorsitzende in seiner Rede an uns vorüberziehen ließ. Von der Gründung bis in die Gegenwart waren es nie nur leichte Zeiten, in denen sich der Verein zu bewähren hatte. Und der Verein hat immer wieder „geliefert“, hat sich immer wieder von Rückschlägen erholt und stand danach gesicherter da als zuvor. Und warum? Die Begründung ist so einfach wie banal und doch wo schwer zu bewerkstelligen: GEMEINSCHAFT!
Gemeinsames Handeln ist die Grundlage allen gesellschaftlichen Fortschritts. Zwar sind nicht immer alle einer Meinung – das nennt sich Demokratie und Freiheit und soll so sein – aber die andere Ansicht sollte dem gemeinsamen Handeln nicht im Wege stehen. Diesem Gedanken folgend hat die SVH eine Zukunft. Ja, die Rede des 1. Vorsitzenden hat Zukunft aufgezeigt.
Ich kann und darf an dieser Stelle nicht alles aufzählen, was einer Erwähnung wert wäre, warum auch, ihr habt es ja alle selbst erlebt. Aber zwei Dinge haben mich sehr berührt, die etwas über den „Geist“ und das Selbstverständnis der SVH aussagen: die vielen ausgelassen tanzenden Kinder und Jugendlichen, die an diesem Tag mitgefeiert haben. Sie sind unsere Zukunft in Verein und Gesellschaft!
Das zweite, was mir wirklich zu Herzen ging, war die Demonstration eurer Toleranz und Offenheit gegenüber der kulturellen und ethnischen Vielfalt, die sich in der SVH findet. Griseldas Idee, über Sprichworte aus vielerlei Ländern eure Buntheit und Weltoffenheit zum Ausdruck zu bringen, war ein Zeichen für Menschlichkeit und Integration in einer immer ausgrenzender werdenden Gesellschaft. Was für eine tolle Idee!
So, genug der Worte! Ich segle zwar gerne auf dem Ratzeburger See und ich bin gerne Mitglied des RSV, aber in bin auch stolz, euer Mitglied zu sein! Ihr seid etwas Besonderes!
Vielleicht sollte ich öfter nach Berlin kommen – meint auch euer 1. Vorsitzender.

Frank Sarnowski, Hamburg