Eisarschel Wettfahrt 2017

Ein Bericht von Rüdiger K.

Nur die Harten kommen in den Hafen. Die ganz Harten landen auf der Sandbank.

Am 18.3. fand sie statt, die erste krachende Segelwettfahrt des Jahres 2017.

An einem Tag, an dem die meisten Skipper nicht vom Sofa wegzubewegen waren (vernünftig! vernünftig!), und alle anderen noch an Land an ihren Schüsseln bastelten, entschieden sich ein paar unverbesserliche Hardcoresegler, unter solch einmalig verpusteten Umständen diese erste Wettfahrt des Jahres doch NICHT abzusagen. Trotz Vorhersage von 6-9 Bft, wider alle Vernunft – und der berechtigten Einwände erfahrener Kameraden. Mit einem Teil Mut und einem Teil Wahnsinn gemixt mit Abenteuerlust und irrem Blick, schmissen wir uns in die Boote. Nach der Winterpause trieb es uns einfach raus. Zu sehr juckte der Pinnenarm. Sorry.
(Liebe Kinder! Bitte nicht nachmachen!!)

Vier taugliche Skipper schafften es letztendlich über die Startlinie des durch Startbootabwesenheit erzwungenermaßen unvermeidbaren Torstarts. Ein fünfter todesmutiger Kamerad musste leider schon vorzeitig zurück in den Heimathafen, da ein frühzeitiges gebrochenes Ruder vom Typ „Interruptus“ irgendwie keine sinnvolle Voraussetzung zum Sturmsegeln mit sich bringt. Schade. Hätte nett werden können.


Wir starteten gegen 11:33 Richtung Pfaueninsel bei West/Südwestlichen Winden (Plural passt. Es war definitiv mehr als nur EIN Wind). Und es ging gleich mächtig los. Der Himmel riss auf, Petrus drückte auf die Windmaschine und ab ging die wilde Fahrt.

Als Tattoo auf dem Unterarm stand mit glühender Nadel spontan gestochen: „Reffen ist was für Weicheier“, oder „Wat mutt dat mutt“.
Und schneller als man „Der Koker kokst im Kokerschacht, der Knoten platzt im Kolonsack!“ sagen kann, war um 12:56 das erste Schiff schon wieder zurück. Was war passiert?

(Anm. des Schreiberlings: Ich kann mich an nix erinnern. Die Musik war so laut.)

In der Reihenfolge des Erscheinens tauchten mit großem Abstand drei Schiffe wieder im Hafen auf:

Als erstes das schnittige IF-Boot „Ajax“ mit Skipper Dirk M. und den beiden Vortänzern Bert P. und Rüdiger K. Dank teuflisch gerittener Windkante und einer vom Sturm weggepusteten Erinnerung an die abgesprochene Wendetonne. Da sieht man’s wieder. Vortanzmitglieder kennen die besten Abkürzungen und kommen mit einem breiten Grinsen ins Ziel. Da stört auch fliegendes Wasser nicht.

Als zweites rauschte ein weiteres IF-Boot herein, die „Tejo“ vom glücklicherweise aus lauter Selbstschutz abwesenden Eigner Rainer G.. Hier vertreten durch seinen echten Bluts-Bruders, unterstützt von der beinharten Crew aus Seebär Wolfgang M. und Smutje Thomas J.. Laut Wettfahrtlegende war in diesem Kahn das beste Boardcatering zu finden – nämlich nix außer trockenem Bröselzwieback Jahrgang 2003! Gutes Essen lenkt ja auch nur vom Segeltrieb ab, weshalb die Jungs nicht so schnell nach Hause wollten und artig die ursprünglich im Rausch abgesprochene Pfaueninsel Wendetonne mitnahmen. Dagegen war „Fluch der Karibik“ ein Sch…film, und selbst Fastnet erprobte Matrosen wurden von dieser Leistung schlicht aus der Windhose geblasen.

Drittes Schiff war die „Mascha“ mit Eisenhand Wolfgang „Ich-brauche-keine-Jacke!“ G. an der Stummelpinne. Eine Maxi 77 braucht’s ab zu hart und schmutzig und Wolle G. entschied sich für eine Verlängerung des wilden Segelspaßes bei diesen Idealbedingungen. Seine einbeinige Crew, bestehend aus Mr. X und Mr. Y musste aber glücklicherweise nicht Außenfender spielen (…was auf der Maxi unter vergleichbaren Bedingungen eigentlich normal ist!) und kam diesmal trockenen Fußes und ohne Beulen an Land. Leichte Irritationen beim Anlegen, bedingt durch sturmbedingte Restturbulenzen im Vestibular-System des Steuermanns führten hier zum ersten Platz unter der Gruppe der orientierungslosen Liegeplatzsucher. Da half auch kein Stützstrumpf, ähhh -ruder.

Alle waren froh, wieder heil zurück zu sein.

Außer der Vorlappen der „Ajax“. Dieser treuhänderisch von der bekloppten Bordcrew im Auftrag und mit Einverständnis der gütigen aber in diesem Fall leichtsinnigen Eignerin Marlies D. verwaltete Riesen-Taschentuch, hatte sich par-Force-bedingt in einen Schnittbogen für Zauselköppe verwandelt und wird wohl als Segeltuch-Geldbörse auf dem Vereinsbasar landen. Tja. Die Bekanntgabe des Spendenkontos wird noch nachgereicht.

Und irgendwie fehlte plötzlich einer. Oder waren’s zwei. Und wie hieß das Schiff?

Das 4. Starterpaket, angeführt von Sturmkäptn Harry J. musste sich kurzentschlossen zu einem entspannten Krampnitzsee-Törn mit seiner High-Speed IF-Boot-Zicke „Spökenkieker“ entschieden haben. Da versprachen 8° C Wassertemperatur eine verdient ersehnte Badeerfrischung. Für gelangweilte Eistaucher ja bekanntlich Warmbadetag. Nachvollziehbar. Kluger Mann. Flugs rief der Kommodore der Sturmseglervereinigung Havel e.V. per digitalem terrestrischen Funksignal in der Leitstelle der Spökenkieker an, ob noch Zeit wäre in geeigneter Badehose dazu zu stoßen. Nach langem Gebimmel kam ein nüchternes „Wer stört auf der Sandbank?“ durch den Äther.

Ööööh. Watt nu?

Einseitiger Unterwantabriss und Motorstottern hatten Harry samt seinem Sozius, dem einäugigen Dr. Z auf eine Sandbank nahe der beschaulichen Pfaueninsel gedrückt. Hier wollte er nun ungern weg – wegen der schönen Aussicht – und weigerte sich, trotz verlockendem Erbsensuppenteller im Heimatschoß der Vereinsschwiegermutter, seinen gemütlichen Liegeplatz zu verlassen. Es wäre eh‘ grad Zeit für ein Nickerchen.

So geht’s ja nun gar nicht.

Erst nicht raus wollen und dann nicht nach Haus wollen. Uff.

„Das hamma gleich!“ beschloss Wolle G. in der SVH Einsatzzentrale und scheuchte umgehend den kompletten Entenschutz der Vorsaison in Gestalt eines polizeilichen Kaffeedampfers (!) auf.

Mit dem Notruf „Bockiger Seemann kauft Land. Umgehend Rückkauf einleiten!“ zwang er die überraschten, aber äußerst hilfsbereiten Beamten zum Freischleppen der Schwerenöter, äh… Spökennnöter, äh… Schwerekieker…. und setzte Sie im Kinderspielparadies Kladow Hafen ab.

Mit dem Funkspruch: „Der kleine Harry wartet auf seine Eltern im Kinderparadies! Wir bitten Harrys Eltern sich an der Rezeption des Polizeibootes zu melden!“ eroberten die WaPo-Spezialisten die trotz Bärenhungers vorhandene Mitleidsader der umsorgten Vereinskameraden im Mutterschiff SVH.

So sattelte Hauptvereinsprotokollist Frank M. seinen Yanmar gepowerten 27er Drabant, äh, Zossen und machte sich mit moralischer Unterstützung von Onkel HaWeSto und dem erziehungsberechtigt bevollmächtigten Roger K. auf, die Ausreißer wieder rechtzeitig zum Abendbrot nach Hause zu holen.

So endete alles gut und ist hier nun wahrheitsgemäß (!) aufgelistet.

Für die Eisarschel 2018 wird vorsorglich beantragt:
– Off-Shore-Kombi inkl. Automatik Weste und integriertem EPIRB für alle Teilnehmer. Auch für Bert P., der bekanntlich – dank seit Geburt eingebauter Auftriebskörper – vollkommen selbständig schwimmen kann, aber nicht will.
– Beheizte Rettungsinseln und
– mindestens ein „Ralle H. Komfort-Motorhausboot“ als Begleitschiff!

Die äußerst freundlichen und hilfsbereiten WaPo-Indianer werden wir gleich von vornherein wieder mit einbinden.
Genug Suppe wäre ja dagewesen!
Und wir sollten auf Tippfehler im Windfinder achten. Bei den Programmierern ist irritierender Weise gegen 10:00 vormittags aus einer 11 eine 9 geworden. Von wegen 9 Bft. Wir haben gern auch mal ’ne 10 oder 11 angezählt!

Merke: Vorsicht ist die Mutter der Porzellanbilge – zumindest wenn SVH draufsteht!

Dies am 20.3. des Jahres 2017 berichtet von Nachwuchs-Obergeschichtenerzähler und leibhaftig im schnellsten Eisarschel-Boot mitgelittenem Herrn Dr. R.K.

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Nachtrag:

Alle Namen sind frei erfunden. Verwechslungen mit natürlichen, übernatürlichen oder unnatürlichen, lebenden oder anderweitig halbwegs funktionablen Personen sind vollkommen unbeabsichtigt, allerdings denkbar. Echt.

*Räusper* – Segeln ist total lustig. Werdet Mitglied in der SVH e.V. 🙂

Antragsformulare findet ihr unter www.svhavel.de -> Der Verein -> Mitgliedschaft